Als der alte Mann auf den leblosen Körper von Major Forester hinabsah, spürte er eine seltsame Mischung aus Trauer und Erleichterung. Der Raum um ihn herum war nun erfüllt von einer sanften, warmen Helligkeit, die die Dunkelheit vollständig verdrängt hatte. Die Symbole auf dem Boden glühten noch schwach, doch die bedrohliche Aura, die die Kammer seit Jahrhunderten erfüllt hatte, war verschwunden.
Forester hatte es vollbracht. Sein Opfer hatte die Schatten besiegt, und der Fluch, der sowohl über dem Château Noir als auch über Montferrat gelegen hatte, war endgültig gebrochen.
Der alte Mann trat näher an den Altar und kniete sich neben Forester. Er legte seine Hand auf die Brust des Mannes, die nun ruhig und unbewegt war, und flüsterte ein leises Gebet. Foresters Gesicht war friedlich, fast so, als hätte er im Moment seines Todes den Frieden gefunden, den er so lange gesucht hatte. Seine Augen waren geschlossen, und die Linien der Anspannung und des Kummers, die ihn während seiner Reise gezeichnet hatten, waren verschwunden.
„Dein Opfer wird nicht vergessen werden“, murmelte der alte Mann, während er Foresters Hand sanft in seine legte. „Du hast getan, was viele vor dir nicht geschafft haben. Du hast den Schatten getrotzt und uns das Licht zurückgebracht.“
Er stand langsam auf und sah sich um. Der Raum, der einst von der Finsternis durchdrungen war, fühlte sich nun fast heilig an. Die alten Symbole auf den Wänden und auf dem Boden hatten ihre Kraft verloren, und die Luft war frisch, als ob der Raum nun gereinigt war. Alles, was von der Dunkelheit übrig war, war ein fernes Echo, das sich langsam in der Ewigkeit verlor.
Mit einem schweren Herzen wusste der alte Mann, dass seine Aufgabe nun ebenfalls beendet war. Er hatte jahrelang über Montferrat gewacht, hatte den Schatten gedient, ohne wirklich zu wissen, ob jemals jemand kommen würde, um die Dunkelheit zu besiegen. Doch nun war der Moment gekommen, und er wusste, dass er seinen letzten Wächterdienst getan hatte.
Drei Tage später erreichten die ersten Sonnenstrahlen das Château Noir, das sich nun in völliger Stille erhob. Die düstere Atmosphäre, die es einst umgeben hatte, war verschwunden. Es war, als ob das alte Schloss seine Schwere verloren hätte. Die Bäume, die das Anwesen umgaben, schienen grüner und lebendiger, und das Licht der Sonne brach sich in den Fenstern, die einst im Dunkeln gelegen hatten.
Das Dorf unterhalb des Châteaus, das die Legenden über das Anwesen seit Generationen gehütet hatte, erwachte zu einem neuen Morgen. Die Menschen spürten, dass sich etwas verändert hatte. Die bedrohliche Präsenz, die immer wie ein unsichtbarer Schatten über dem Dorf gehangen hatte, war fort. Einige der älteren Dorfbewohner murmelten leise Gebete des Dankes, während die Jüngeren, die die Geschichten nicht mehr ganz glaubten, sich fragten, warum die Luft plötzlich so klar und rein wirkte.
Doch während das Château Noir nun in neuem Licht erstrahlte, hatte sich auch etwas in den Herzen der Menschen verändert. Sie wussten, dass etwas Altes und Dunkles fort war – und dass es die Taten eines Mannes gewesen waren, der gekommen war, um das zu beenden, was die Familie Trebault begonnen hatte.
In einem kleinen, sonnendurchfluteten Haus in einer anderen Ecke Frankreichs saß Angèle de Trebault vor einem Fenster und blickte hinaus auf die sanften Hügel. Es war ein ruhiger Morgen, und die Vögel sangen ihre Lieder, während der Wind sanft durch die Bäume wehte. Sie hatte dieses neue Leben gewählt, weit weg von den Schatten des Châteaus, und sie war dabei, sich an den Frieden zu gewöhnen.
Doch in den letzten Tagen hatte sie ein seltsames Gefühl gespürt – eine innere Ruhe, die sie nicht erklären konnte. Es war, als ob ein schweres Gewicht von ihren Schultern genommen worden war, als ob die Dunkelheit, die sie so lange begleitet hatte, nun endgültig verschwunden war.
Sie legte ihre Hände in ihren Schoß und schloss die Augen. „Forester“, flüsterte sie leise.
Sie wusste, dass er es gewesen war. Sie wusste, dass er sich geopfert hatte, um das zu vollenden, was sie nicht hatte vollenden können. Tränen liefen über ihre Wangen, doch es war keine Trauer – es war Dankbarkeit. Forester hatte sie und das Château befreit, und dafür würde sie ihm für immer dankbar sein.
Angèle stand auf und ging zum Fenster, wo die Sonne sanft auf ihr Gesicht fiel. Sie fühlte sich leicht, fast schwerelos, als ob sie nun endlich frei war, ein neues Leben zu beginnen. Ein Leben, das nicht mehr von den Schatten der Vergangenheit gezeichnet war.
Zurück in Montferrat bereitete sich der alte Mann auf seine letzte Aufgabe vor. Er hatte Major Foresters Körper behutsam in ein Grab gelegt, das in der Nähe der Abtei lag – ein ruhiger, friedlicher Ort, weit weg von der Welt, die Forester einst gekannt hatte. Er markierte das Grab mit einem schlichten Stein, auf dem nur ein Name eingraviert war:
Major Jonathan Forester – Der, der das Licht zurückbrachte.
Der alte Mann trat einen Schritt zurück und betrachtete die schlichte Inschrift. Er spürte eine leise Zufriedenheit, wusste aber, dass es an der Zeit war, selbst zu gehen. Die Wächter hatten ihre letzte Aufgabe erfüllt, und die Dunkelheit würde nie wieder in diese Berge zurückkehren.
Mit einem letzten, langen Blick auf das Grab wandte sich der alte Mann ab und ging den Pfad hinunter, der von Montferrat wegführte. Der Wind wehte sanft durch die Bäume, und die Abtei stand still und leer hinter ihm – ein Relikt aus einer Zeit, die nun endgültig vergangen war.
Der Fluch war gebrochen. Die Dunkelheit war besiegt.
Und Major Forester, der Mann, der sein Leben geopfert hatte, um das Licht zurückzubringen, würde nie vergessen werden. Sein Name und sein Opfer würden in den Herzen derer weiterleben, die von seinem Mut wussten – und in der sanften Helligkeit, die nun über Montferrat und dem Château Noir lag.
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