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Samstag, 9. November 2024

Chateau Noir Kapitel 6: Das Erbe des Fluchs

 


 Angèle stand weiterhin in der Tür, ihr Gesicht im Halbdunkel des Kellers, und ihre Augen verrieten mehr, als sie offenbar bereit war, auszusprechen. Forester konnte sehen, dass sie Angst hatte – nicht nur um sich selbst, sondern auch um ihn. Doch diese Sorge war wie ein Hauch im Wind. Sein eigener Drang, das Geheimnis des Château Noir zu ergründen, hatte ihn längst über die Schwelle des Rationalen geführt.

„Sie müssen gehen, Major“, sagte Angèle eindringlich und trat einen Schritt auf ihn zu. „Dieser Ort ist nicht sicher für Sie. Das, was Lucien heraufbeschworen hat, wurde vor Jahrhunderten in diese Mauern gebannt. Aber wenn Sie weiterforschen, könnten Sie es wieder entfesseln.“

Forester schüttelte den Kopf, seine Augen fest auf Angèle gerichtet. „Es gibt keinen Weg zurück, Mademoiselle. Was auch immer hier unten verborgen liegt, es hat schon begonnen, mich zu rufen. Ich spüre es. Sie wissen, dass die Antworten in diesem Château sind – in diesen Symbolen, in diesem Buch.“ Er deutete auf das schwarze Buch auf dem Altar.

Angèle atmete schwer und schloss für einen Moment die Augen, als ob sie mit sich selbst rang. Dann trat sie näher an Forester heran, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Lucien de Trebault“, begann sie, „war besessen von der Idee, den Tod zu überwinden. Er wollte die Unsterblichkeit erlangen – nicht durch die gewöhnlichen Mittel der Wissenschaft oder Religion, sondern durch alte, verbotene Rituale, die längst in Vergessenheit geraten waren. Es heißt, dass er Kontakt mit dunklen Mächten aufgenommen hat, die jenseits unserer Welt existieren.“

„Diese Mächte, von denen Sie sprechen“, sagte Forester langsam, „was sind sie?“

Angèle zögerte einen Moment. „Schatten. Wesen aus einer anderen Dimension, die sich zwischen den Welten bewegen. Sie existieren jenseits von Leben und Tod. Lucien glaubte, er könnte ihre Macht nutzen, um das Leben nach seinem Willen zu formen – um das Château und seine Linie für immer zu bewahren. Doch die Schatten forderten einen Preis, und als Lucien versuchte, die Kontrolle über sie zu erlangen, verlor er sich selbst.“

Forester spürte, wie sich die Luft um ihn herum verdichtete, als ob die Worte, die Angèle sprach, die Realität selbst verändern könnten. „Und was geschah mit ihm?“ fragte er leise.

Angèle blickte in die dunkle Kammer zurück, als ob sie die Geister der Vergangenheit sehen könnte. „Es heißt, er sei niemals wirklich gestorben. Sein Körper verschwand, aber sein Geist, seine Präsenz… sie sind immer noch hier. In den Schatten des Châteaus.“

Forester schauderte. „Sie meinen also, dass Lucien de Trebault immer noch im Château ist?“

„Nicht im herkömmlichen Sinne“, antwortete sie. „Aber sein Einfluss… er ist überall. Jeder, der versucht, die Rituale zu verstehen, wird von dieser Dunkelheit erfasst. Lucien mag körperlich verschwunden sein, aber seine Suche nach Unsterblichkeit hat etwas viel Schlimmeres hinterlassen.“

Angèle trat näher an Forester heran und legte sanft ihre Hand auf seinen Arm. „Sie haben bereits zu viel gesehen, Major. Bitte, verlassen Sie diesen Ort, solange Sie es noch können.“

Forester sah sie an und spürte einen starken inneren Widerstreit. Die Gefühle, die er für Angèle hegte, wuchsen mit jeder Begegnung, doch gleichzeitig wusste er, dass er die Geheimnisse des Château nicht einfach aufgeben konnte. Seine Neugier und sein Sinn für Abenteuer waren zu stark. Aber mehr noch war da dieses unerklärliche Gefühl, dass er dazu bestimmt war, diesen Weg zu gehen – egal, welche Gefahren ihn erwarteten.

„Ich kann nicht“, sagte er schließlich leise. „Es ist nicht nur Neugier, Angèle. Ich fühle, dass das Château mich auf eine Weise ruft, die ich nicht erklären kann. Was auch immer Lucien heraufbeschworen hat – ich muss es verstehen. Wenn es noch hier ist, dann muss es gestoppt werden.“

Angèle sah ihm lange in die Augen, dann senkte sie den Blick. „Dann werde ich Ihnen helfen“, sagte sie, fast flüsternd. „Aber Sie müssen verstehen, dass es kein Zurück mehr gibt. Wenn Sie einmal die Dunkelheit betreten, könnte sie Sie für immer verschlingen.“

Forester nickte, wissend, dass er bereits an diesem Punkt angelangt war. „Was müssen wir tun?“

Angèle nahm seine Hand und führte ihn zu dem Altar in der Mitte des Raumes. „Lucien schloss damals einen Pakt mit den Schatten, indem er dieses Ritual durchführte. Er glaubte, er könne ihre Macht kontrollieren, doch er wurde selbst zu einem Gefangenen. Es gibt jedoch einen Weg, den Fluch zu brechen – ein Ritual, das das Château von dieser Dunkelheit befreien könnte.“

„Warum hat Ihr Vater es nicht getan?“ fragte Forester leise.

Angèle seufzte tief. „Mein Vater… er glaubt nicht, dass es möglich ist. Zu viele haben es versucht und sind gescheitert. Er hat gesehen, wie das Château jeden verschlungen hat, der sich den Schatten gestellt hat. Aber ich glaube, dass Sie anders sind.“

Forester erwiderte ihren Blick. „Was ist dieses Ritual?“

Angèle griff nach einem der alten, zerfledderten Bücher auf dem Altar und öffnete es auf einer Seite, die mit Symbolen und kryptischen Anweisungen bedeckt war. „Es ist ein Ritual der Reinigung“, erklärte sie. „Es erfordert Mut, Entschlossenheit und… ein Opfer.“

Forester fühlte ein unbehagliches Zittern in seiner Brust. „Was für ein Opfer?“

Angèle sah ihn ernst an. „Es muss jemand geben, der bereit ist, die Verbindung zwischen dieser Welt und der der Schatten zu durchtrennen. Es ist gefährlich, weil es bedeutet, dass derjenige, der das Ritual durchführt, sich den Schatten stellen muss. Wenn er versagt, wird er, wie Lucien, in den Schatten gefangen.“

„Und wenn er Erfolg hat?“ fragte Forester.

„Dann wird das Château befreit“, sagte Angèle. „Aber der Preis bleibt hoch. Selbst wenn Sie die Schatten besiegen, könnten Sie einen Teil von sich verlieren.“

Forester spürte, wie der Ernst der Situation auf ihm lastete. Alles in ihm sagte ihm, dass dies seine einzige Chance war – die einzige Möglichkeit, das Château und vielleicht sogar sich selbst zu retten. „Ich werde es tun“, sagte er schließlich fest.

Angèle trat einen Schritt zurück, ihre Augen voller Sorge. „Sind Sie sicher?“

Forester nickte. „Ich habe keine andere Wahl.“

Angèle atmete tief durch und begann, die Utensilien für das Ritual vorzubereiten. Sie arrangierte die alten Kerzen auf dem Altar und zeichnete die Symbole auf den Boden. Die Luft wurde schwer, und Forester spürte, wie sich die Atmosphäre im Raum veränderte. Es war, als ob die Schatten bereits näher kamen, bereit, ihn zu verschlingen, sobald er den ersten Schritt machte.

„Sobald das Ritual beginnt“, sagte Angèle leise, „wird es kein Zurück mehr geben.“

Forester stellte sich in den Kreis aus Symbolen, und ein Gefühl der Bestimmung überkam ihn. Die Schatten des Château schienen sich um ihn zu bewegen, unsichtbar, aber doch spürbar. Er wusste, dass er bald auf die volle Macht dessen treffen würde, was Lucien de Trebault entfesselt hatte.

„Ich bin bereit“, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu Angèle.

Angèle zündete die Kerzen an, und ihre Flammen warfen flackernde Schatten an die Wände. Sie begann, die alten Worte des Rituals zu murmeln, während Forester spürte, wie die Energie im Raum wuchs. Die Symbole auf dem Boden begannen zu glühen, und ein kalter Hauch durchzog die Kammer.

Dann, plötzlich, kam eine Bewegung aus der Dunkelheit. Die Schatten formten sich zu Gestalten – vage, verzerrte Wesen, die sich auf ihn zubewegten. Sie waren die Überreste jener uralten Macht, die Lucien gerufen hatte.

Forester atmete tief ein. Die Zeit war gekommen.

 Fortsetzung folgt nächste Woche

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